Gedanken, während einer Ausstellung.

 

In letzter Zeit werden Austellung immer schlechter besucht, ja manchmal sogar abgesagt. Ich habe mir mal Gedanken gemacht, Warum Ausstellungen? Was erwartet den Hundebesitzer, den Züchter? Welche Aufgaben fallen dem Richter zu?

 

Für viele Hundebesitzer ist hier die Möglichkeit gegeben sich mit Freunden, Bekannten zu treffen und über die Tiere zu sprechen, sie vorzuzeigen und ihre Schönheit von einem Richter bewerten zu lassen.Da der eigene Hund immer der Schönste ist, kann man sich auch auf den Ausstellung vortrefflich ärgern und über die Kompetenz eines Richters streiten. Für die Hundezüchter sollte hier die Möglichkeit gegeben werden zu sehen, wo man mit seiner Zucht eigentlich steht und wie man diese durch gezielte Auslese verbessern kann. Beide Gruppen zusammengefasst bilden für den potentiellen Hundekäufer die Basis um sich über seinen zukünftigen Hund, dessen Standard und Verwendungszweck, vor dem Kauf eingehend zu informieren. Der Eine sucht einen Hund gegen die Einsamkeit, der Andere als Begleiter beim Joggen, als Schutz oder um mit Agility oder Mantrailing seine Hobbys zu erweitern.

Ausstellungen machen also schon Sinn, denn hier kann man die verschiedenen Rassen, zumindest bei Großveranstaltungen, Revue passieren lassen. Gerade hier fallen natürlich auch die Negativbeispiele auf, die Luxus- und Modehunde mit ihren Besitzern. Der Hund als Prestigeobjekt

Prestigeobjekte sind Gegenstände der modernen Gesellschaft, die ein hohes soziales Ansehen innerhalb dieser Gesellschaft zum Ausdruck bringen sollen. Dadurch erhalten sie eine besondere Wertigkeit, die zu einer festgelegten Einstufung führt. Diese Einstufung wird bei Ausstellungen von den Richtern durchgeführt. Die Richter müssen/sollen sich an den Rassestandard halten, der ihnen von den verschiedenen Rassevereinen auferlegt wird und zur weiteren Sicherung der Nachzucht dient.

Der Rassestandard legt den Idealtyp eines Rassenhundes fest, dazu gehören u.a.alle äusseren Merkmale, Größe, Winkelung der Gelenke, Aufgabe des Hundes, Charaktereigenschaften, aber auch zuchtausschliessende Merkmale. So gesehen müßte es einem Maler möglich sein einen Hund nach den Vorgaben eines Richters malen zu können. Nun sind Richter Menschen ,die wie wir Zuschauer , variable Vorstellungen von diesen Idealen haben, also fallen die Ergebnisse auch unterschiedlich aus. So lange es eine Bewertung innerhalb der Standardgrenzen gibt, ist es ja auch verständlich.Nur wenn eindeutige Fehlentwicklungen besonders gelobt oder mit Auszeichnungen überschüttet werden, sollte man den Richter an seine Schlüsselstellung in der Rasseentwicklung erinnern. Nun fragt man sich, wie werden Rassestandard eigentlich festgelegt. Nach intensiver Recherche habe ich eigentlich nichts konkretes gefunden.Ich stelle mir das so vor, dass sich ein paar Leute zusammensetzen und den perfekten Hund seiner Rasse detailliert beschreiben und diesen als Standard festlegen.Dadurch wird diese Rasse in den nationalen Hundeschutzorganisationen anerkannt und und dieses Land als Standard-Ursprungsland international anerkannt. Was ich mich allerdings frage.Warum wurde bei den Deutschen Doggen der Grautiger ausgenommen, er gehört doch zum gefleckt-schwarzen Farbschlag und fällt dort regelmäßig an. Haben die Damen und Herren bei der Festlegung des Standards damals bewußt die Augen vor dem Grautiger geschlossen? Denn der Grautiger konnte auf Grund des Wissensstandes damals nur eine Variante des Phänotypes sein, denn von eigentlicher Genetik dürfte man damals meilenweit entfernt gewesen sein. Das würde aber bedeuten, dass man gezielt die Tötung eines Lebewesens gefordert hat, weil es nicht gefallen hat. Denn an sich ist doch die graue Farbe bei vielen Rassen sehr beliebt.

Bleibt man mal bei den anerkannten Farbschlägen der Dogge, dann fällt die unterschiedliche Auslegungsweise des Rassestandard allein schon in Europa auf. Nun wird beim Standard oft auch auf den früheren Verwendungszweck und auf körperliche Besonderheiten in diesem Zusammenhang hingewiesen. Da scheint es schon etwas befremdlich,wenn man untypische Auswüchse auf Austellungen sieht und dann erfährt, dass diese Tiere auch noch zur Zucht verwendet werden. Als internationaler Richter sitzt man dann zwischen den Stühlen.Auch dürfte sich bei Hunderassen, die noch eine „Arbeit“ verrichten, der Standard schwerer zu verbiegen sein, da ja hier im Vordergrund die „Funktion“ steht und weniger das Aussehen.Wer geht schon mit einer Dogge auf Bären- oder Wildschweinjagd! Wie haben sich die Erscheinungsformen der Deutschen Dogge seit 1888 verändert!

Diese Veränderungen wurden von den Züchtern bewirkt, wobei diese aber in ihrem Zuchtgeschehen von dem Richter beeinflusst werden. Also ist der Richter mit seiner fundierten Ausbildung der Dreh- und Angelpunkt einer erfolgreichen Zuchtentwicklung. Er hat also die Macht. Wie schon oben erwähnt , fallen die Urteile der Richter unterschiedlich aus. Jeder der Ausstellungen besucht kennt das und wird damit leben müssen, denn es wird immer eine subjektive Beurteilung sein. Würde streng objektiv gerichtet, müßte man exakte Winkelgrade, exakte parallele Linien ,exakte Maße für die Schulterhöhe, Kopf- , Körper- und Schwanzlänge festhalten. Also muß strengstens darauf geachtet werden, dass ausufernde Veränderungen des Standard von den Richtern nicht belohnt werden, denn das könnte sehr schnell zu einem Bumerang werden, wenn sich aus diesen Übertreibungen gesundheitlich geschädigte Hunde entwickeln. Ich möchte hier ausdrücklich betonen, dass nicht alle Richter in ihrem Urteilsvermögen den Tierschutzgedanken mit Füssen treten und von deutscher Seite viel unternommen wird diese Auswüchse einzudämmen. Aber gerade diese Organisationen wie VdH und FCI scheinen besonders langsam mahlende Mühlen zu haben. Den Züchtern, und das ist lobenswerter Weise die Mehrheit, die nach dem Standard züchten, dürfte diese Ignoranz egal sein, Die meisten Hundehalter, die auf einer Ausstellung melden, wollen bescheinigt haben, dass sie den schönsten Hund haben. Oft wird ein geübter Vorführer den Hund vorstellen, er läuft mit ihm im Kreis, zeigt dem Richter die Zähne(des Hundes) und stellt ihn zu weiteren Begutachtung. Um eine bessere Bewertung zu erreichen werden bei diesem Vorführen oft Manipulationen angewandt um von kleinen Mängel abzulenkem oder diese zu verstecken.

Welch eine Selbsttäuschung: Man will einerseits so nahe wie möglich an den Standard, erlernt aber andererseits die Tricks um die Standardabweichungen zu verheimlichen, ja selbst vor Operationen wird nicht zurückgeschreckt. Für wie blöd halten manche Vorführer die Richter. Meinen diese wirklich, dass die Richter im Ring mit geschlossenen Augen warten und sich erst ihre Meinung bilden wenn der Hund vor ihnen steht (Ich vergleiche dies immer mit dem Auskleiden der Patienten in meiner orthopäd Praxis unter meinen Augen) Man hat manchmal den Eindruck das jedes Mittel recht ist um zu gewinnen und man noch stolz auf die Verheimlichung der Fehler ist. Wenn nun dieser „Verheimlicher“ erfolgreich die Ausstellungsleiter erklommen hat und damit als mehrfach prämierter Hund zur Zucht vehement eingesetzt wird, kann es zu diesen Auswüchsen und Übertreibungen kommen. Solche Kreationen entäuschen Züchter und spätere Hundebesitzer.

Kann man sich wirklich über den Gratulationshändedruck des Zweit- und Drittplazierten freuen oder über die Tatsache den Richter getäuscht zu haben.Ich finde für das später entstehende Leid unserer Hunde ist der Preis zu hoch.

Vielleicht denkt man auch mal darüber nach, warum aus den früheren Zuchtschauen jetzt Schönheitswettbewerbe geworden sind. Bei Zuchtschauen muß man ehrlich zu seinen Fehlern stehen. Bei Schönheitsschauen ist man eher geneigt zu manipulieren. Viele Aussteller gehen bewußt zu Richtern deren Vorlieben sie kennen, da sie sich grössere Chancen ausrechnen, es geht also widerrum nur um die Schönheitsplazierung und nicht um die Beurteilung des Hundes. Was passiert denn wenn man eine Zuchtschau mit einer Leistungsschau verbindet, dann werden die Tiere, die körperliche Fehler haben, keine optimalen Leistungen bringen können und somit aus der Zucht ausgesondert. Tiere mit guter Leistung,die aber optisch nicht so schön sind,werden dann trotzdem zur Zucht eingesetzt und vergrößern damit den genetischen Pool. Wesenstestungen sieht man auf Ausstellungen recht wenig, was sicher daran liegt, dass sie umfangreich und zeitaufwendig sind. Sie werden daher meist bei der ZZL durchgeführt. Zu loben sind dann die Richter, die auf überhöhte Ängstlichkeit oder Aggressivität der Hunde reagieren und diese berechtigter Weise von der Bewertung ausschliessen. Nur jetzt geht die Hetzerei los, dass dieses Tier schon aggressiv gezüchtet worden sei, dass durch die Auswahl der Elterntiere es schon vorher klar war.Das sich die Besitzer der Tiere bei der Auswahl der Hunderasse viel zu schnell von Äusserlichkeiten haben blenden lassen und sich eine Rasse ausgesucht haben, die nicht in ihr Lebensumfeld passt. Solche Informationsmängel bezogen auf Wesen und Leistungspotential werden weit von sich gewiesen.Der Hund war zwar schön und so süß klein,aber dann ….Zum Schluß endet so ein Tier unter irgendwelchen fadenscheinigen Argumenten im Tierheim und hat auf Grund seiner negativen Charaktereigenschaften, keine Chance auf einen neuen Familienanschluss.

Schauen wir mal in die Vergangenheit unserer Doggen und betrachten wir mal die heutigen Tiere. Viele unserer heutigen Doggen sind völlig ungeeignet für ihre früheren Aufgaben auf der Jagd, ein Teil hätte Sehstörungen, da ihre Augen viel zu tief in den Augenhöhlen liegen und durch Falten verdeckt sind, andere können nur mit Mühe eine größere Strecke laufen, da ihr Körpergewicht zu hoch ist und das Gangwerk dieser Belastung nicht mehr gewachsen ist.Das sind nur 2 Beispiele unter vielen.

Man sollte sich immer daran erinnern die Natur hält nur an Bewährtem fest und merzt Fehler aus

Zucht heißt Bewährtes bewahren und dieses Bewährte verbessern. Ob unser Zuchtgeschehen, diesen Kriterien stand hält, möge Jeder für sich selbst beantworten

 

Sind unsere Hunde nur noch schön?                                                                                                           

Müssen wir immer gewinnen?                                                                                                                                                                                                                                           

 

Können wir nicht mehr ehrlich verlieren

 

 

Können wir wirklich nicht mehr mit Fehlern umgehen, denn nur aus Fehlern kann man lernen.

 

Mai 2015      Wolfgang Kirst