Arthrose  (Teil 3)

aber man darf dabei eine andere Erscheinungsform der Arthroseentwicklung nicht aus den Augen verlieren, die Dysplasiearthrose (Fehlform). Durch Formveränderungen des Knorpels und der Knochen passen die Gelenkteile nicht richtig zueinander.
Am bekanntesten ist wohl die Hüftgelenksdysplasie. Als sogenannte Erbumweltkrankung entsteht diese auf (poly)genetischer Basis (d.h. die Veranlagung zur HD ist ererbt, die individuelle Ausprägung jedoch umweltbedingt) mit recht hoher Heritabilität und somit ist die Zuchtwerschätzung zur vollständigen Beherrschung dieser Pathologie die beste Methode, denn der HD-Grad der Eltern oder auch der Ahnen ist als Datenbasis nicht ausreichend

Welpen zeigen bei Hüfterkrankungen Probleme beim Aufstehen, ermüden recht schnell, zeigen keine Spielfreude, später unsicherer, oft schwankender Gang, die Muskulatur ist schwächer ausgebildet.

Die endgültige Diagnose wird durch die eingehende Untersuchung und das Röntgenbild des Tierarztes gestellt. Man sollte bei den obengenannten Problemen nicht bis zur üblichen HD-Untersuchung warten, sondern schon vorher eine Kontrolle durchführen lassen, da eine Beurteilung der pathologischen Veränderungen im Hüftgelenk schon mit etwa 10 Monaten möglich ist (es geht dabei nicht um die sichere Beurteilung des HD-Grades, für die der Hund ausgewachsen sein muss) Sollte hier ein pathologischer Befund in Erscheinung treten, kann so der optimale Zeitpunkt für eine sinnvolle Therapie bestimmt werden. Die operativen Maßnahmen haben meist einen korrigierenden Charakter. Man wird die Form der Hüftpfanne und die Stellung des Hüftkopfes verändern und so versuchen die Passgenauigkeit zu verbessern, auch muss die Instabilität durch Muskeltraining korrigiert werden. Eine prothetische Versorgung ist etwa ab dem 10.-15. Monat möglich

Im Laufe des Älterwerdens entsteht, wie schon gesagt, durch die Fehlform eine Hüftgelenksarthrose. Diese ist nicht heilbar und so sind alle Bemühungen darin zu sehen, Schmerzen zu lindern, die Beweglichkeit zu erhalten, also für eine gute Lebensqualität zu sorgen. Leichte Fälle können mit konservativen Maßnahmen, d.h. physikalischer Therapie, Gewichtsreduktion und auch mit Medikamenten behandelt werden.Bei stärkeren Beschwerden sind Muskel- und Nervendurchtrennungen (Denervationen) angezeigt, die Arthrose wird sich aber auch hier weiter entwickeln. Die Muskeldurchtrennung bewirkt einen geringeren Druck des Hüftkopfes in die Pfanne.Eine weitere therapeutische Massnahme ist die Femurkopfresektion (Entfernung des Oberschenkelkopfes). Der obere Anteil des Oberschenkels wird entfernt und geglättet, auch die Pfannenkanten werden abgerundet.Die Haltefunktion der Hüfte übernimmt dann die hoffentlich gut ausgebildete Muskulatur.Diese Art der Operation wird vor allem bei leichten und/oder kleineren Hunden vorgenommen.Weiterhin gibt es Umstellungsosteotomien und Beckenoperationen, z.B. die in letzter Zeit vermehrt durchgeführte Triple-Osteotomie. Triple, weil drei, die Hüftpfanne bildende Knochen (Darm-,Scham- und Sitzbein) durchtrennt werden, man die Pfanne neu ausrichtet und mit Osteosynthesematerial fixiert.(B. Slocum und T.D. Slocum: Pelvic osteotomy for axial rotation of the acetabulum segment in dogs with hip dysplasia. In: The veterinary clinics of North America. Small animal practice. Band 22, 1992, S. 64

Triple-Osteotomien werden in der Tiermedizin bislang nur bei Hunden mit Hüftgelenksdysplasie durchgeführt. Es sollten keine oder nur geringe arthrotische Veränderungen zu finden sein Über diese sehr aufwändige und auch risikoreiche Operation sollte man sich sehr genau von seinem Tierarzt beraten lassenüberlegen, sie ist eine Möglichkeit eine TEP-Operation (siehe unten) hinauszuschieben oder evtl zu vermeiden. In der Orthopädie benutzt man eine schöne Redewendung:

Gelenk erhalten geht vor ersetzen

In schweren Fällen bleibt nur der Totalendoprothetische Ersatz (TEP) übrig.

Wichtig für diesen Entschluss ist die noch vorhandene Beweglichkeit, die Lebenserwartung des Tieres und der Allgemeinzustand. Die finanziellen Aspekte habe ich absichtlich außen vor gelassen, wobei diese leider auch nicht zu unterschätzen sind. Der prothetische Ersatz ist die einzige Möglichkeit, den Schmerz drastisch zu reduzieren und die Beweglichkeit weitgehend wieder herzustellen.

Schauen wir uns mal so ein Hüftgelenk genauer mal an: Es ist ein sogenanntes Kugelgelenk, dessen kugelförmiger Hüftkopf von einer Pfanne größtenteils ummantelt wird. Die knorpelige Auskleidung der Pfanne und der knorpelige Überzug des Hüftkopfes erlaubt ein sanftes, reibungsloses Aufeinandergleiten.

Der Hüftkopf sitzt auf dem zur Körpermitte gerichteten Schenkelhals und ist in seiner Form spezifisch für die Hunderasse. An der Aussenseite des Hüftgelenkes findet man einen großen Knochenvorsprung (Trochanter major) innen einen kleineren (Trochanter minor). Hier und auch am Oberschenkel, sind die wichtigsten Becken- und Beinmuskeln angewachsen. Das Acetabulum (Hüftpfanne) ist nach unten-aussen geöffnet und wird aus 4 Beckenknochen    gebildet. Gehalten wird die Hüfte durch die Gelenkkapsel und die umliegenden Muskeln. Diese anatomischen Gegebenheiten haben einen sehr großen Einfluß auf die Belastung der Hüftgelenke und überhaupt auf die Statik und die Bewegungsmuster unserer Hunde (Prieur 1980). Durch eine pathologische Hüftveränderung ändert sich natürlich auch die Belastungsfläche, je kleiner diese ist um so höher ist der Druck auf dieser Fläche. Die Auswirkungen der Hüftfehlstellung kann man sich sehr schön vor Auge führen. Tritt unser Partner Hund mit seiner breiten Pfote auf unseren nackten Fuß ist dies gegenüber einem hochhackigen Damenschuh wesentlich besser zu verkraften.

 

Kommt es nun zu der Entscheídung eine TEP zu implantieren, sollte man sich einem erfahrenen chirurgisch-orthopädisch ausgebildeten Tierarzt zuwenden. Denn selbst in unserer heutigen Zeit ist trotz 50 jähriger Erfahrung(vor allem in der Humanmedizin) diese Operation kein Routineeingriff und es sind viele Faktoren zu bedenken, z.B. ob es sich um eine primäre oder sekundäre Arthrose handelt: Dies ist für die Operationproblematik wichtig, da Dysplasien andere anatomische Verhältnisse haben.Es ist hiernicht möglich diese sehr komplexe Materie zufriedenstellend zu erörtern, da gerade auf diesem Sektor massive Veränderungen im Gange sind, ähnlich wie in der Humanmedizin vor etwa 20 Jahren. Natürlich blicken dier Tierärzte den Humanmedizinern auf die Finger, aber die Belastungsanforderungen unterscheiden sich schon deutlich z.B. in Bezug auf die Muskelkraft, Statik und nicht zu vernachlässigen, die Lebenserwartung

Die TEP der Tiere werden zur Zeit mit einem Zweikomponenten Knochenzement implantiert. Seit einigen Jahren kommt aber auch die zementfreie Prothese zur Anwendung (Linnmann 1998). Der Grund ist die höhere Stabilität durch Einwachsen des Knochengewebes und die Vermeidung thermischer und chemischer Schäden durch den Knochenzement.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Indikation zur Implantation einer Hüft-TEP dann zu stellen ist, wenn eine schwere HD oder mittelschwere bis schwere Coxarthrose vorliegt (DÁVID und KASPER (1991) DE HAAN et al. (1993) sowie REMEDIOS und FRIES (1995)); weiterhin, wenn zu erwarten ist, dass die anderen Methoden keinen Erfolg versprechen. Die Operation sollte erst nach Schliessen der Wachstumsfugen erfolgen, nicht bei neurologischen Erkrankungen und nicht bei infektiösen und bösartigen Tumoren. Bei zementfixierten Prothesen finden sich Nachteile in der Festigkeit des Zementes. Dieser ist spröder als der Knochen, und hat vor allem eine geringere Elastizität und geringere Dehnungs- und Zugfestigkeit. Eine Lockerung im Laufe des Alters kann eigentlich vernachlässigt werden, da unsere Doggen nun mal keine hohe Lebenserwartung haben. Die zementfreie TEP muß wesentlich exakter implantiert werden; das bedeutet höheren Aufwand von der Zeit und vor allem müssen unterschiedliche Prothesentypen und –formen zur Verfügung stehen, da keine Korrekturen durch den Knochenzement möglich sind. Da der Vergleich beider Prothesenfixationen keinen signifikanten Unterschied erbringt, sieht man zur Zeit keine Veranlassung für eine Änderung der Technik (DE YOUNG et al.(1993) und implantiert meist zementierte TEP

Ich persönlich sehe die Indikation zu einer Hüftprothese dann, wenn mein Hund durch diese Operation seine Lebensqualität ohne starke Medikamente und Schmerzen wiedererlangen würde!

 

 

 

 

Die eigentliche Operation dauert etwa 2-2,5 Stunden, die Narkose mindestens 4 Stunden.Diese Zeit braucht man um den Hund vorzubereiten, erneut zu röntgen,zu scheren, zu desinfizieren und im Op zu lagern.Nach der Operation erfolgt die Aufwachphase, die in der Klinik unter Gabe von Infusionen und Medikamenten und stetiger Kontrolle den restlichen Tag dauert.Meist dürfen die Hunde am nächsten Tag nach Hause zu ihren Besitzern, für die nun eine schwierige REHA-Betreuung ansteht. Stetige Beobachtung der Wunde,nach 12 Tagen Fäden ziehen, für etwa 8 Wochen Leinenzwang, also kein Toben, Spielen oder andere unkontrollierbaren Bewegungen. Nach dieser Zeit erfolgt eine Röntgenkontrolle und tierärztliche Untersuchung. Sollte diese zur Zufriedenheit ausfallen, beginnt der langsame Übergang zur Normalität.

Der finanzielle Aufwand ist von meiner Seite schlecht vorhersagbar. Dieser ist von dem Zeitaufwand der Operation, der Prothesenart und vieler Nebenkosten wie Labor, evtl.  MRT,CT usw abhängig und liegt bei etwa 2500-3000 €.

Mittlerweile gibt es auch die Möglichkeit künstliche Kiegelenke zu implantieren

 

2010 hat Herr Dr. Hach in der Frankfurter Klinik am Stadtwald in Zusammenarbeit mit der Firma Innoplant ein künstliches Kniegelenk für den Hund entwickelt. Dieses Implantat aus CoCrMo wird ohne Zement im Knochen fixiert wird.

 

Geschrieben von: Wolfgang Kirst